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Ferschli, Markus (2021): Die Polizei braucht Rechtssicherheit

Markus Ferschli ist seit 2016 Leiter der Budgetsektion der Landespolizeidirektion Steiermark und damit für die budgetäre Planung, Verwaltung und Rechnungslegung zuständig. Zuvor war er sowohl in der Bundespolizei als auch im Bundesministerium für Inneres in zahlreichen führenden Funktionen tätig, unter anderem als Leiter des Bildungszentrums Steiermark, als Experte für innere Angelegenheiten, Informationen und Wissensmanagement sowie als Kommandant des Mobilen Einsatzkommandos Graz. Er verfügt über umfangreiche Erfahrungen im Personalmanagement wie auch in der Personalentwicklung und wirkte bei vielen Change- und Reorganisationsprojekten innerhalb der Polizei mit. Neben seiner polizeilichen Ausbildung ist Markus Ferschli studierter Betriebswirt und schloss weitere postgraduelle Ausbildungen für europäische Angelegenheiten und öffentliches Management ab. Beitrag hier herunterladen.

Die Polizei in ihrer heutigen Form entstand im Jahr 2012 durch die Zusammenführung von 31 Organisationseinheiten. Diesem Schritt vorgelagert war die Zusammenlegung von Bundesgendarmerie, Bundessicherheitswachekorps und Kriminalbeamtenkorps im Jahr 2005. Die zentrale Organisation der österreichischen Bundespolizei ist im Bundesministerium für Inneres angesiedelt. Nachgeordnet sind die neun Landespolizeidirektionen, die für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit verantwortlich sind.

Etwa 37.000 Beamtinnen und Beamten versehen in rund 1.300 Dienststellen ihren Dienst und sind dort für die Verrichtung des Exekutivdiensts zuständig. Die Aufgaben der Sicherheitspolizei, Verwaltungspolizei und Kriminalpolizei werden von Exekutiv- und von Verwaltungsbediensteten besorgt.

In den letzten Jahrzehnten war die Polizei großen strukturellen Reformen unterworfen. Kein anderes Ressort hat derart viele und umfassende Reformen erfahren. Die größten Reformschritte stellten insbesondere die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei im Jahr 2005, die Behördenstrukturreform im Jahr 2012 sowie die Haushaltsrechtsreform des Bundes im Jahr 2013 dar.

Bis 2005 waren Polizei und Gendarmerie organisatorisch, personell, kommunikativ und technisch getrennt und wurden selbst auf Ebene des Ministeriums getrennt geführt. Bereits kleinere bezirksübergreifende Delikte (etwa zwischen Graz und Seiersberg) konnten so für koordinative Schwierigkeiten sorgen. Die einheitliche Struktur brachte daher erhebliche Vorteile und Effizienzsteigerungen mit sich (Funk, Aktenverkehr, Personal) und ist sicherheitspolitisch eindeutig positiv zu bewerten. Mit der einheitlichen Organisation war jedoch auch eine intensive Diskussion zwischen dem generalistischen Zugang der Gendarmerie und dem spezialisierten Zugang der Polizei verbunden. Rückblickend kann festgestellt werden, dass sich tendenziell der Gedanke der Gendarmerie durchgesetzt hat, was an den organisatorischen, räumlichen und personellen Entscheidungen und Entwicklungen während der Zusammenlegung wie auch noch in den letzten Jahren ablesbar ist.

Die große Behördenreform 2012 führte anschließend die Sicherheitsdirektionen, die Bundespolizeidirektionen und die Landespolizeikommanden in die derzeit bestehenden neun Landespolizeidirektionen zusammen. Dieser große Organisationsschritt bildete gewissermaßen eine notwendige Voraussetzung für eine weitere umfassende Reform, die Haushaltsrechtsreform des Bundes 2013.

Vereinfacht kann die Haushaltsrechtsreform 2013 als privatwirtschaftliche Vision für den öffentlichen Dienst verstanden werden. Diese Maßnahme wirkte sich vor allem auf die Aufgabenverteilung und Verantwortung innerhalb der Polizei stark aus. Im Rahmen der Reform wurde die Wirkungsorientierung eingeführt, die zu einer effizienteren Verwendung der Steuergelder führen sollte. Infolgedessen änderte sich eine Reihe von Abläufen und Prozessen.

In ihrer Gesamtheit ist die österreichische Polizei heutzutage gut aufgestellt: Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist sehr hoch und die Sicherheit an den Grenzen, in Städten und Gemeinden ist gegeben. Die Kennziffern im Sinne der gesetzlich vorgegebenen Wirkungsorientierung werden erfüllt und auch im internationalen Kontext steht Österreich in Fragen innerer Sicherheit hervorragend da. Ausrüstung und Ausbildung sind modern und vorbildhaft.

Dennoch lassen sich diverse Problem- und Spannungsfelder identifizieren, die an dieser Stelle diskutiert werden sollen.

Rechtsmaterie. Die Corona-Pandemie mit ihrer Vielzahl an rechtlichen Regelungen und kurzfristigen Änderungen hat ein Problem endgültig offenbart, welches unterschwellig bereits seit längerem vorhanden ist. Die Gesetzgebung ist heutzutage zu umfassend, zu schnelllebig und oft nicht klar genug – das erschwert die Umsetzung des Rechts. Insbesondere Polizistinnen und Polizisten müssen oft augenblicklich und unter widrigen Umständen entscheiden. Während junge Polizistinnen und Polizisten früher sehr genau über ihre Aufgaben, Kompetenzen und die Gesetzeslage Bescheid wussten, ist das heutzutage nicht immer der Fall. Vielmehr werden die Beamtinnen und Beamten von der Vielzahl und raschen Abfolge von Gesetzen, Verordnungen und entsprechenden Interpretationen überfordert – überspitzt formuliert: Sie kennen die Gesetze, die sie exekutieren sollten, oft selbst nicht mehr. Das Thema Generalisierung versus Spezialisierung gewinnt wieder an Bedeutung.

Dieser Umstand kann demotivierend sein, zu einer gewissen Gleichgültigkeit führen und birgt die Gefahr des „Wegschauens” in sich. Eine Polizistin bzw. ein Polizist, die bzw. der sich selbst unsicher fühlt, kann keine Sicherheit vermitteln und hat es schwer, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen.

 

Eine Polizistin oder ein Polizist, die bzw. der sich unsicher fühlt, kann keine Sicherheit vermitteln.

 

Die Auswirkungen gehen weit über die individuelle Ebene hinaus, denn es besteht mittelfristig die Gefahr, dass Rechtsmaterien nicht mehr qualitativ hochwertig umgesetzt werden und bei der Bevölkerung ankommen. Die Folge könnten sogenannte „No-go-Areas”[1] sein, wie sie bereits in einigen europäischen Ländern bestehen.

Die Politik tendiert dazu, vieles vorzugeben, teilweise auch als Anlassgesetzgebung, und übersieht dabei, dass dies auch umgesetzt und von der Bevölkerung akzeptiert werden muss.

Politik. Das führt uns zum nächsten Spannungsfeld. Das Zusammenspiel von Politik und öffentlicher Verwaltung ist seit jeher komplex und von wechselseitigen Abhängigkeiten geprägt. Die Polizei stellt hier keine Ausnahme dar. Insofern ist es nicht überraschend, dass auch die Polizei politischer Einflussnahme ausgesetzt ist. Leider spielt die politische Couleur bei der Besetzung hochrangiger Funktionen häufig eine gewisse Rolle. Entscheidungen fallen oft vor der Ausschreibung und bei Bedarf kann auch diese entsprechend formuliert werden. Kabinettsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter werden in der Regel entsprechend berücksichtigt und versorgt.

 

Es gab immer schon politischen Einfluss – unterschiedlich stark, aber ähnlich hemmend.

 

Dieser politische Einfluss ist im Prinzip unabhängig davon spürbar, welche Partei zurzeit das übergeordnete Ministerium innehat, und erweist sich als hinderlich, wenn es darum geht, das volle Potenzial der Polizei auszuschöpfen.

Föderalismus. Im Umfeld der Politik sind Spannungen zu verorten, die von den föderalen Strukturen Österreichs ausgehen. Obwohl ein Großteil der Rechtsmaterie Bundesrecht ist, wirkt sich das föderale System dennoch spürbar auf die Polizei aus.

Manche Bundesländer haben einen besseren Zugang als andere, was natürlich ausgenutzt wird. Eine nicht unbedeutende Rolle spielen dabei die Landeshauptleute. Neben der formalen Mitsprache bei der Besetzung bestimmter Posten zeugt auch der Abschluss von Sicherheitspartnerschaften mit einzelnen Bundesländern von diesem Umstand. Derartige Verträge sollten eigentlich nicht notwendig sein, bestätigen aber die Bedeutung der informellen Verbindungen.

Es gibt auch keinen begründeten und nachvollziehbaren Verteilungsschlüssel, wonach den einzelnen Bundesländern Ressourcen zugewiesen werden würden. Die Verteilung der Mittel ist vielmehr historisch gewachsen und hängt auch von den aktuellen politischen Konstellationen ab. Ausschlaggebend kann auch ein bestimmter Anlassfall sein oder Forderungen nachdrücklicher als andere Ressourcenempfänger zu artikulieren. Folglich bestehen bis heute keine geeigneten Mechanismen, nach denen Kosten (z.B. Personalkosten) bei Einsätzen vergleichbar gemacht werden würden. Wenn die Steiermark Polizistinnen und Polizisten nach Wien entsendet, findet die Leistung zwar in Wien statt, die Kosten verbleiben jedoch in der Steiermark. Hier fehlt es an grundlegenden Instrumenten, um Polizeiarbeit (und deren Erfolg sowie die damit einhergehenden Kosten) vergleichbar zu machen.

Wettbewerb. Ein weiterer Aspekt, der in den letzten Jahren verstärkt Einzug in den öffentlichen Bereich gehalten hat, ist der Wettbewerbscharakter. Wettbewerb im Sicherheitsbereich ist jedoch nur eingeschränkt möglich, denn auch internationale Erfahrungen zeigen, dass der Einsatz von privatwirtschaftlichen Unternehmen – etwa im Strafvollzug – mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Im Übrigen haben auch die in Österreich gesetzten Maßnahmen aufgezeigt, dass Wettbewerb nicht immer zu Kostenersparnissen führt. In manchen Bereichen, etwa die Raumressourcen, kosten die Leistungen heutzutage mehr als früher, da privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen, die die Raumressourcen zur Verfügung stellen, letztendlich Gewinne erwirtschaften müssen. Nicht jedes Outsourcing stellt auch eine Kostenreduktion dar.

Ganz allgemein sind die meisten Aufgaben, die der Polizei übertragen sind, hoheitliche Aufgaben mit potenziell starken Eingriffen in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Die Polizei ist mit Imperium (Amtsgewalt) ausgestattet und in solchen Bereichen müssen öffentliche Institutionen für die Umsetzung herangezogen werden.

Trotzdem sollte der Wettbewerbsgedanke keinesfalls abqualifiziert werden, denn innerhalb der Organisation kann ein wettbewerbsorientierter Zugang zu gewissen Frage- und Problemstellungen durchaus sinnvoll sein – auch die Haushaltsrechtsreform könnte man im Kern darunter subsumieren. Dies sollte jedoch keinesfalls zu Auswüchsen führen, etwa indem die Anzahl der Strafen oder Anzeigen für interne Wettbewerbszwecke missbraucht wird. Vielmehr ist ein Wettbewerb der klugen Köpfe notwendig: Wer hat die besseren Ideen, um Täterinnen und Täter ausfindig zu machen, wer erweist sich in der Spurenfindung als besonders begabt, wer findet sich in den sozialen Netzwerken besser zurecht oder wer hat einen entscheidenden Einfall zur Verhinderung von strafbaren Handlungen?

In Summe geht es um die übergeordnete Frage, wie die Polizei die optimale bzw. die wirksamste Leistung im Interesse der Bevölkerung erbringen kann – wie kann sie also ihre Aufgaben effizient erfüllen?

Management. Im Hinblick auf die Steuerung und Führung der Polizei hat die Haushaltsrechtsreform leider nicht den gewünschten Effekt erbracht. Vieles ist nicht so eingetreten, wie es in der Theorie vermittelt wird. Finanzmittel werden beispielsweise auch im neuen System nicht wesentlich anders verplant und verbraucht als dies im alten System der Fall war, z.B. gibt es das „Dezemberfieber” nach wie vor.

 

Bürokratische Vorgaben und Mechanismen sind heutzutage in Teilbereichen fordernder und umfangreicher als dies zu Zeiten der Kameralistik der Fall war.

 

Bedauerlicherweise muss man attestieren, dass das gelebte „System“ die Polizei teilweise daran hindert, ihr Potenzial in einem Bundesland zielgerichtet und wirkungsorientiert zu entfalten – mit der Folge, dass die Führungskräfte nach wie vor mehr verwalten als gestalten. Das ist sowohl für diese als auch für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter frustrierend. Hinzu kommt, dass sich ein Großteil des Budgets ohnehin aus Fixkosten (insbesondere Personal) zusammensetzt und somit nur ein sehr geringer Teil variabel verfügbar ist, um neue, kreative Projekte zu initiieren. Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung wären Schlüsselbegriffe für eine effiziente Polizeiarbeit.

Kritisch zu hinterfragen ist auch die mit der Behördenreform etablierte Führungsstruktur. Auf der Managementebene der Landespolizeidirektion wurde ein Geschäftsführungsmodell etabliert, welches an das Vorstandsmodell der Privatwirtschaft angelehnt ist, aber nicht unbedingt zum Vorteil gereicht. In der klassischen Polizeistruktur ist eine klare, eindeutige Unterstellung von Organisationseinheiten vorgesehen, das neue Modell hingegen ist mit komplexen Vertretungsregelungen auf Ebene der Geschäftsführung ausgestattet. Im Krisenfall könnte dadurch schnelles Handeln behindert werden. Die Polizei, die schon aufgrund ihres Aufgabenbereichs oft mit krisenbehafteten und spontanen Situationen befasst ist, benötigt hierarchische Strukturen, die rasche Entscheidungen möglich machen. Bei dem erwähnten Vorstandsmodell fehlt diese Klarheit.

Medien. Ein letztes Themenfeld, welches hier angesprochen werden soll, ist das Wechselspiel zwischen Polizei und – nunmehr stark zunehmend – sozialen Medien. Nicht grundlos wird im Zusammenhang mit den Medien immer wieder von der vierten Staatsgewalt gesprochen.

Die sozialen Medien haben die Situation tiefgreifend verändert. Dies betrifft die Kommunikationsschienen, die Art der Kommunikation, aber vor allem auch die Geschwindigkeit, mit der Mitteilungen kursieren. Es kommt immer wieder vor, dass in sozialen Medien von Tatorten berichtet wird, bevor die Polizei überhaupt an diesen eintrifft. Es können Bilder oder Filme von Tatorten im Netz veröffentlicht werden, bevor sich die Einsatzkräfte einen Überblick verschaffen konnten – wenn das Geschehen nicht sogar in Form von Live-Berichterstattungen online übertragen wird. Für die Polizeiarbeit ist dies nicht unproblematisch; beispielhaft sei angeführt, dass im Zusammenhang mit dem Terroranschlag in Wien mehr als 37.000 Meldungen zu bearbeiten waren.

Es wurden und werden daher verstärkt Investitionen in den Bereich der sozialen Medien getätigt, einerseits zur Abarbeitung tatsächlicher Anliegen, andererseits auch zur Information der Bevölkerung und zur Versachlichung von Situationen oder Anlassfällen. Als Beispiel können hier Informationen im Zusammenhang mit großen Fußballspielen genannt werden, so wurde etwa bei einem internationalen Spiel in Graz auf Türkisch getwittert, was sogar Reaktionen in türkischen Medien nach sich zog.

Die Analyse von Medien soll Reaktionen erleichtern, aber vor allem auch helfen, Themen zu identifizieren, die die Polizei betreffen könnten. Darüber hinaus werden bei Demonstrationen seit kurzem auch Medienkontaktbeamtinnen und ‑beamten eingesetzt, an die sich Medienvertreterinnen und -vertreter wenden können, wenn sie selbst Opfer von Angriffen wurden. Hier ist derzeit ein Umbruch zu beobachten, da die Journalistinnen und Journalisten selbst immer öfter von gewaltbereiten Demonstrantinnen und Demonstranten attackiert werden.

 

[1] Hierbei handelt es sich um Gebiete und Straßen, die von den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr gefahrlos betreten werden können, weil die Sicherheitsgarantie des Staates nicht gegeben ist. Selbst örtlich zuständige Polizeikräfte betreten diese Gebiete nicht mehr.

Die oben angeführten Spannungsfelder sind in keiner Dimension vorhanden, die auf eine Krise der Polizei schließen ließe. Vielmehr handelt es sich um folgerichtige Erscheinungen einer sich im Wandel befindlichen Institution, geprägt von Wechselwirkungen und Entwicklungsschüben. In Summe funktioniert die Polizei sehr gut. Dennoch ist es unabdingbar, sich Gedanken über Verbesserungen zu machen, da es unter anderem die Aufgabe von Führungskräften ist, Entscheidungen zu treffen, welche die Organisation zukunftsfit machen.

In vielen Bereichen sind Effizienzsteigerungen möglich. Hierbei geht es vor allem um die Frage, wie man die Polizei-Power im Sinne der Bevölkerung besser auf die Straße bringen kann. Es wird notwendig sein, sich auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren und andere Leistungen, die von Dritten genauso gut erbracht werden könnten, auszulagern. Eines ist in diesem Zusammenhang nämlich offensichtlich: Die Polizei wird – wie viele andere öffentliche Bereiche – in den kommenden Jahren weniger Finanzmittel zur Verfügung haben, als dies heute der Fall ist. Es wird also darum gehen, die zur Verfügung gestellten Ressourcen noch effizienter einzusetzen, sodass Wirkung im Sinne des gesetzlichen Auftrages und im Sinne der Bevölkerung erreicht wird.

Die Polizei muss schlichtweg mehr Leute auf die Straße bringen, noch sichtbarer werden, stärker mit der Gesellschaft kommunizieren, schlanker und sparsamer werden und gerade bei jenen Themen, die Vertrauen und Akzeptanz schaffen, herausragende Arbeit leisten. In vielen ihrer Aktivitäten ist die Polizei sehr gut aufgestellt – national zeigt sich das an der unabhängigen Erhebung des subjektiven Sicherheitsgefühls und international an verschiedenen Rankings, in denen Österreich regelmäßig auf den vordersten Rängen zu finden ist. Zweifelsohne kann sie aber noch effizienter werden, indem sie ihre Organisationsstrukturen strafft, sich auf ihre Kernkompetenzen fokussiert, die Qualität in der Führung noch weiter steigert und sich von (partei-)politischen Einflüssen lossagt.

In welche Richtung kann sich die Polizei inhaltlich weiterentwickeln? In den letzten Jahren lässt sich ein internationaler Trend erkennen, der auch in Österreich immer stärker zutage tritt. Heutzutage ist eine stärkere Verbindung zu den Bürgerinnen und Bürgern erwünscht, es soll auch in Nichtkonfliktsituationen Kontakt zu Polizistinnen und Polizisten geben.

 

Die Bevölkerung möchte keine „Feuerwehrpolizei“ – also eine Polizei, die nur dann kommt, wenn es irgendwo brennt.

 

Die Polizei soll ansprechbar sein, Polizistinnen und Polizisten sollen Teil der Bevölkerung und greifbar sein. Eine untadelige Persönlichkeit, professionelles, vorbildliches Verhalten und gegenseitiges Verständnis sollen Vertrauen wachsen lassen. Diese Strategie bzw. Philosophie wird modern als Community Policing bezeichnet, in Wirklichkeit verbirgt sich dahinter aber eigentlich die alte Tradition der früheren Rayons- oder (in Wien) „Grätzlpolizistinnen und -polizisten“.

Damit dieser Zugang funktioniert, bedarf es hoher sozialer Intelligenz und eines klaren Verständnisses davon, was Polizeiarbeit ist und sein will. Zu beachten ist, dass eine aufgelöste Seniorin, der gerade die Handtasche gestohlen wurde, oder die Eltern eines Mordopfers nicht zwischen Sozial- und Polizeiarbeit unterscheiden werden. Um diesen Herausforderungen gewachsen zu sein, muss die Organisationskultur in manchen Fällen einen breiteren Blickwinkel einnehmen.

 

Wir brauchen eine zeitgemäße Kultur, die aktiv und vorausschauend, vorbildhaft, sozial und kritikfähig ist und die von den Polizistinnen und Polizisten gelebt und nach außen getragen wird.

Für die Weiterentwicklung der Polizei sollen drei Wünsche geäußert werden.

Erstens, damit die Bevölkerung weiterhin Vertrauen in die Arbeit der Polizei hat, müssen sich die staatlichen und demokratischen Institutionen eindeutig und kontinuierlich zur Polizei bekennen. Dies betrifft insbesondere Politikerinnen und Politiker, die auch dann zur Polizei stehen müssen, wenn unliebsame Maßnahmen vollzogen werden. 

Zweitens, eine Überfrachtung mit zu vollziehenden Rechtsmaterien muss vermieden werden. Die derzeitige Situation ist mittelfristig für niemanden zufriedenstellend, denn die ausufernden gesetzlichen Regelungen führen lediglich dazu, dass diese nicht mehr entsprechend umgesetzt werden können, was wiederum frustrierend für alle ist: Für die Politikerinnen und Politiker, deren Maßnahmen nicht implementiert werden, für die Bevölkerung, die nicht mehr weiß, woran sie ist, und für die Polizistinnen und Polizisten, die an Glaubwürdigkeit verlieren, wenn sie keine Rechtssicherheit mehr vermitteln können.

Drittens, eine Entpolitisierung der Polizei muss weiter forciert werden, etwa indem Stellenbesetzungen nach objektiven Kriterien erfolgen und die besten Personen – unabhängig von ihrer politischen Verankerung – ausgewählt werden. Erst dann wird es der Polizei auch möglich sein, ihr volles Potenzial auf die Straße zu bringen.

Dieser Beitrag basiert auf Interviews und Gesprächen mit Markus Ferschli, die im April und Juni 2021 per Videokonferenz und persönlich durchgeführt wurden. Der Inhalt dieses Gesprächs wurde zusammengefasst und anschließend gemeinsam mit dem Gesprächspartner redigiert. Die Inhalte geben ausschließlich die Meinung des Interviewpartners wieder.

Kontakt

Assoz. Prof. Mag. Dr.rer.soc.oec.

Robert Rybnicek

Institut für Unternehmensführung und Entrepreneurship

Telefon:+43 316 380 - 7355


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