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Haidvogl, Martin (2021): Wir arbeiten an den Träumen der Menschen

Martin Haidvogl ist seit 2001 Magistratsdirektor der Stadt Graz. Er übernahm dieses Amt im Alter von 32 Jahren und hat seither zahlreiche Reformen initiiert und umgesetzt, um die Bürgerinnen- und Bürgerorientierung und die Effizienz der Grazer Stadtverwaltung zu stärken. Unter seiner Leitung wurde von den Führungskräften der Stadtverwaltung die Vision verabschiedet, das „Haus Graz“ zum modernsten Stadtmanagement Europas zu entwickeln. Er studierte Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz. Beitrag hier herunterladen.

Verwaltung und Wirtschaft haben nichts miteinander zu tun – das war zumindest früher die Meinung vieler Bediensteter im öffentlichen Dienst. Fachreferentinnen und -referenten zogen sich nicht selten auf ihre fachliche Zuständigkeit zurück, während sie den wirtschaftlichen Aspekt eines Problems mitunter völlig ignorierten. Zeitweise wurde der Ruf nach einer effizienten Verwaltung gar als „Amerikanisierung“ abgetan. Letztlich hat sich jedoch sowohl in der Politik als auch in der Verwaltung die Erkenntnis durchgesetzt, dass Änderungen notwendig waren, um den umfangreichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erfolgreich entgegentreten zu können.

 

Wäre es so weitergegangen, dann wäre es halt auch nicht mehr gegangen.

 

Im Rahmen dieses Beitrags sollen wichtige Erkenntnisse aus den Reformprozessen der letzten Jahre diskutiert, die derzeitige Wahrnehmung der öffentlichen Verwaltung innerhalb der Bevölkerung thematisiert und zukünftige Entwicklungen aufgezeigt werden.

Die in den vergangenen Jahrzehnten implementierten Reformen waren sinnvoll und haben für die Stadt Graz auch die erwünschten Erfolge gebracht. So erhielt man beispielsweise einen guten Überblick über die eigenen Leistungen und Geschäftsprozesse und konnte darauf aufbauend die Verwaltung neu strukturieren. Es wurden viele Ineffizienzen beseitigt und kontraproduktive Praktiken identifiziert, die sich im Laufe der Zeit eingeschlichen haben. Darüber hinaus wurden betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente eingeführt und im Zeitverlauf erfolgreich an die Erfordernisse der Stadt angepasst. So vorteilhaft diese Maßnahmen in ihrer Gesamtheit waren, in manchen Fällen wurde übertrieben oder zu verbissen versucht, neue Systeme und Mechanismen zu implementieren – damit wurde teilweise Bürokratie nur durch eine neue Form der Bürokratie ersetzt.

Wenngleich also der initiierte Reformprozess hilfreich war, würden Intensität und Ausgestaltung heute vermutlich anders aussehen. Diese Entwicklung lässt sich wie der Ausschlag eines Pendels interpretieren: Zuerst wurden gar keine betriebswirtschaftlichen Steuerungsinstrumente eingesetzt, dann wurde ihr Einsatz übertrieben und schließlich wurde ein ausgewogenes Verhältnis durch geeignete Kompromisse gefunden. Für eine Institution ist es generell wichtig, die Organisation durch kleinere Reformen und Adaptierungen in Bewegung zu halten und Dinge fortlaufend zu verbessern. Eines kann allerdings auch klar festgestellt werden: Alles der Optimierung und Effizienzsteigerung unterzuordnen, funktioniert nicht.

 

Die totale Optimierung funktioniert einfach nicht.

 

 

Vielmehr müssen bei der Implementierung von Reformen und bei der tagtäglichen Zusammenarbeit Kompromisse gefunden werden. Es ist nicht zielführend, wenn Organisationsprofis all ihre Vorstellungen ohne Wenn und Aber durchsetzen, denn fachfremde Personen können viele Aspekte der Arbeit vor Ort nicht vollständig beurteilen. Nicht alles ist (betriebswirtschaftlich) sinnvoll messbar, wenn man etwa an den Sozialbereich denkt. Ein hilfreiches Instrumentarium, um die eigene Lage dennoch analysieren zu können, ist das Benchmarking. Wenn beispielsweise eine deutsche Stadt bei ähnlicher Leistung nur die Hälfte der Ressourcen verbraucht, können Entwicklungspotenziale identifiziert werden.

Im Bestreben nach mehr Effizienz und Effektivität wurde auch die wirkungsorientierte Verwaltungssteuerung eingeführt. Diese hatte durchwegs positive Effekte. Früher herrschte die schlichte Meinung vor, dass man nur mehr Mittel investieren müsse, wenn etwas nicht funktioniere. Wenn etwas aber grundlegend falsch gehandhabt wird, verstärkt man diesen Effekt dadurch womöglich nur. Hier hat die Wirkungsorientierung das Denken im positiven Sinne verändert, da nun sehr genau beobachtet wird, welche Maßnahmen geeignet sind, um die gewünschten Wirkungen zu erzielen. Denn viele Probleme können selbst mit einem geringeren Budget gut gelöst werden, sofern man die richtigen Antworten findet.

Trotzdem fällt die Gesamtbeurteilung der Wirkungsorientierung zwiespältig aus. Sie funktioniert mehr schlecht als recht, denn der damit verbundene Aufwand ist groß, die Zielfindung ist oftmals sehr schwierig, die Ziele sind nicht sonderlich ambitioniert und Konsequenzen bei ihrer Nichterreichung sind oft nicht möglich. Daher muss vor einem allzu mechanistischen Zugang gewarnt werden. Wirkungsorientierte Budgets sind kein Automatismus, dem man blind folgen könnte, vielmehr handelt es sich dabei um einen Diskurs, in dessen Rahmen erwünschte Wirkungen verhandelt werden. Sie nehmen einem nicht die Entscheidungsfindung ab.

Um die öffentliche Verwaltung wirtschaftlicher zu gestalten, hat man in den letzten Jahrzehnten auch den privaten Sektor verstärkt miteinbezogen. Generell hat sich die Stadt Graz dabei bemüht, eine Balance zwischen öffentlichen und privaten Leistungen und Anbietern zu finden. So möchte die Stadtverwaltung einen gewissen Anteil immer selbst erbringen, man denke da etwa an das Kindergartenwesen oder den öffentlichen Verkehr. Die private Wirtschaft ist aber zu einer wichtigen Säule geworden, um kommunale Leistungen zu ergänzen. Indem sich die Verwaltung einer Konkurrenz aussetzt, erhält sie auch ein gutes Gespür dafür, wo sie selbst steht und wo sie sich allenfalls verbessern kann. Alles in private Hände zu legen, ist jedoch kein gangbarer Weg. Diese Frage berührt am Rande auch das Thema der privatwirtschaftlichen Konstruktionen (Gründung von Gesellschaften; Stichwort „Haus Graz“), die die Stadt Graz in Folge der Reformen für manche Einrichtungen gewählt hat. Es entstand teilweise der Eindruck, dass diese Auslagerungen auf strategischen Privatisierungsüberlegungen fußen, doch vielfach haben simple steuerrechtliche oder vergaberechtliche Erwägungen diese Konstruktionen nahegelegt. Im Kern ging es darum, Einsparungen und Effizienzsteigerungen dadurch zu realisieren, dass zahlreiche, zuvor auf viele Einheiten verteilte Hilfsdienste (wie zum Beispiel IT, Facility Services oder Druckerei) zu Shared Services zusammengeführt wurden.

Im Großen und Ganzen funktioniert das Zusammenspiel zwischen politischer Verantwortung und fachlicher Expertise sehr gut und ist gegenseitig befruchtend. Während die Politik sehr nahe an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger dran ist, kann sich die Verwaltung mit ihrer fachlichen Kompetenz in die Problemlösung einbringen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung sind dafür hervorragend qualifiziert und verfügen über die notwendige Expertise und Erfahrung. Dadurch werden zumeist auch gute Lösungen für die von der Politik wahrgenommenen Herausforderungen gefunden.

 

Politikerinnen und Politiker bringen oft ein sehr gutes Bauchgefühl ein.

 

Es sollte an dieser Stelle betont werden, dass das Zusammenspiel zwischen Politik und Verwaltung nicht nur sinnvoll, sondern systemisch auch gewollt ist. Politische Verantwortung ist Kern einer Demokratie und Politikerinnen und Politiker werden dafür gewählt, Entscheidungen zu treffen und ein Programm umzusetzen. Eine vollkommen autonome Verwaltung ist also gar nicht erwünscht und erinnert eher an das Schreckensbild einer sich selbst erhaltenden, verknöcherten bürokratischen Struktur. Die Frage ist also nicht, ob das Zusammenspiel vorhanden und erwünscht ist, sondern vielmehr wie die Schnittstellen zwischen Politik und Verwaltung konkret geregelt sind.

Die Politik darf sich zum Beispiel nicht zurücknehmen und (unliebsame) Entscheidungen der Verwaltung überlassen. Umgekehrt soll sie sich aber nicht in jede operative Maßnahme einmengen, um Klientelpolitik zu betreiben. Die Verantwortung für das operative Management, also die Frage nach dem „wie“, liegt demnach ganz klar bei der öffentlichen Verwaltung. Mit wenigen Ausnahmen wird das auch von den meisten Politikerinnen und Politikern so gesehen. Mancherorts besteht aber die Tendenz, politische Sekretäre sehr stark in das operative Management zu involvieren, wo sie als mächtige, aber ohne formale Verantwortung ausgestattete „graue Eminenzen“ den Verwaltungsbetrieb irritieren.

Beim strategischen Management, also bei der Frage nach dem „was“, sieht es anders aus. Die politischen Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungsträger bringen ihre gestalterischen Visionen ein – für die sie auch gewählt wurden – und müssen letztverantwortlich Entscheidungen treffen. Dass diese Entscheidungen nicht immer auf rein fachlichen, sondern manchmal auch politischen, vielleicht sogar populistischen Überlegungen fußen, ist Teil des komplexen Zusammenwirkens von Bevölkerung, Politik und Verwaltung und muss nicht immer negativ sein. Oft wirken politische Entscheidungen längerfristig und können eine Region nachhaltig positiv verändern, selbst wenn sie vielleicht aus Kosten- oder Nutzengründen von der Verwaltung anders getroffen worden wären.

Im täglichen Geschäft ist es jedenfalls wichtig, die vorhandenen Schnittstellen regelmäßig zu besprechen und sich zu akkordieren. Weder sollte sich die Verwaltung auf formale Standpunkte zurückziehen oder versuchen, sich aus der Verantwortung zu stehlen, noch sollte die Politik Entscheidungen treffen, die vollkommen unabhängig von den fundierten Analysen der Verwaltung sind. Die persönliche Erfahrung zeigt, dass es sinnvoll sein kann, wenn auf Verwaltungsebene bewertete Vorschläge und Alternativen als Grundlage für die Entscheidungsfindung der Politik erstellt werden.

Moderne öffentliche Verwaltung benötigt eine gut ausgeprägte Vertrauens- und Fehlerkultur. Hier gilt es, bereits die richtigen Personalentscheidungen zu treffen, also die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die richtigen Führungskräfte auszuwählen, die diese Kultur auch leben. Gleichzeitig muss aber auch an einer übergeordneten Unternehmenskultur gearbeitet werden, in der das Gesamtinteresse vor das Einzelinteresse gestellt wird. Es muss allen klar sein, dass die gemeinsamen Ziele vor den eigenen Interessen stehen müssen und dass letzten Endes alle davon profitieren, wenn Abteilungsegoismen oder Profilierungswünsche hintangestellt werden. Personen oder Abteilungen, die das nicht verinnerlichen, stellen sicherlich eine Herausforderung dar, was intern offen angesprochen werden muss.

Eine Vertrauenskultur ist schon allein deshalb notwendig, um Globalbudgets und wirkungsorientiertes Handeln und Denken überhaupt erst zu ermöglichen. Denn die betroffenen Abteilungen und Personen müssen in diesem System verstärkt Eigenverantwortung übernehmen und autonome Entscheidungen treffen. Dafür benötigt es Vertrauen, das sehr gut investiert ist: Zumeist wirkt sich die neu gewonnene Eigenverantwortung sehr motivierend auf Organisationen und Personen aus und mit direkten Einblicken können auch bessere inhaltliche Entscheidungen getroffen werden.

Diese Entscheidungen sind natürlich nicht immer richtig, gerade bei neuen Ansätzen und Lösungswegen entstehen auch Fehler. Eine positiv gelebte Fehlerkultur ist daher unabdingbar, wenn innovative Projekte initiiert werden sollen, deren Ausgang bzw. Erfolg ungewiss ist. Im Übrigen erkennt auch der Rechnungshof an, dass solche Vorhaben nicht immer erfolgreich sein können, solange dabei nicht unkontrolliert Geld verschwendet wird. Eine gute Fehlerkultur verhindert, dass Fehler verschleiert werden und dadurch weitere Verluste entstehen. Eine offene Kommunikation von Fehlern und Fehlentwicklungen kann dabei helfen, geeignete Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, die bis zur Beendigung eines Projekts wirken können.

Die öffentliche Verwaltung hat – in vielen Bereichen – ihre Hausaufgaben gemacht, sie hat sich an die neuen Herausforderungen angepasst und ist effizienter geworden. Gleichzeitig gelangen wir heute in eine Phase, wo eine Überforderung der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen ist. So geht von Teilen der Bevölkerung, aber auch von manchen Politikerinnen und Politikern noch immer die Erwartungshaltung aus, dass zwar einerseits „Milliarden“ eingespart werden können, andererseits aber unendliche Ressourcen vorhanden sind, um auftretende Probleme jederzeit und auch sehr kurzfristig lösen zu können. Diese Ambivalenz stellt für die öffentliche Verwaltung eine große Herausforderung dar und erschwert die positive Wahrnehmung der öffentlichen Leistungen in der Bevölkerung.

Abgesehen von gewissen Ausnahmesituationen (wie z.B. Coronavirus-Pandemie, Hochwasserschäden) sind die Ansprüche der Gesellschaft jedoch durchaus gerechtfertigt und entsprechen auch dem, was die öffentliche Verwaltung zu leisten im Stande ist. Wenn also vom schlechten Image der öffentlichen Verwaltung die Rede ist, muss vielleicht zwischen dem veröffentlichten Anspruch und dem öffentlichen Anspruch differenziert werden. Denn in aller Regel ist den Bürgerinnen und Bürgern klar, dass am Morgen nach einem verheerenden Unwetter nicht jeder Radweg gekehrt sein kann. Wenn in der Zeitung kritische Berichte oder Leserbriefe dazu veröffentlicht werden, gibt das vermutlich nicht die tatsächlich vorhandene Meinung der breiten Bevölkerung wieder.

 

Man muss zwischen dem „veröffentlichten“ Anspruch und dem öffentlichen Anspruch differenzieren.

 

Mit etwas Sorge ist auch zu beobachten, dass im Gefolge aufsehenerregender Ereignisse oft mehr über das „Versagen der Verwaltung“ diskutiert wird als über die eigentlichen Täter und ihre Handlungen (z.B. Versagen der Finanzmarktaufsicht bei Bankenskandalen, Versagen des Jugendamts bei Familientragödien). Zweifelsohne muss die öffentliche Verwaltung in die Pflicht genommen werden, wenn sie ihre Aufgaben nicht im erforderlichen Maße erfüllt. Und natürlich muss auch thematisiert werden, warum Aufsichtsmechanismen versagt haben. Bei der Schärfe der Diskussionen könnte jedoch fast der Eindruck entstehen, die Verwaltung sei für diese Vorfälle verantwortlich oder gar deren Verursacherin. Allerdings ist es einer Verwaltung schlichtweg nicht möglich, für alle Eventualitäten Vorsorge zu treffen und alle Verbrechen und Vorkommnisse zu antizipieren. Hier ist vermutlich auch intensivere kommunikative Arbeit notwendig, um die Eigenverantwortung der Gesellschaft zu stärken. In Summe funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Bürgerinnen und Bürgern einerseits sowie der öffentlichen Verwaltung andererseits allerdings sehr gut. Fehler kommen dennoch vor und werden heutzutage auch kritischer diskutiert. Das ist aber auch ein positiver Anreiz zur Weiterentwicklung der Verwaltung.

Der größte Anreiz der Arbeit in der öffentlichen Verwaltung liegt darin, dass sie sinnstiftend ist und die Welt für die Bürgerinnen und Bürger positiv verändern kann. Die Verwaltung trifft viele Entscheidungen, die für die Stadt und deren Einwohnerinnen und Einwohner einen spürbaren Unterschied ausmachen können. Das ist durchaus motivierend.

Die öffentliche Verwaltung sollte sich in Zukunft verstärkt als „Mittlerin“ sehen, als Institution, die den Bürgerinnen und Bürgern dabei hilft, ein Verfahren durchzuführen, um die eigenen Ziele zu erreichen. Um ein konkretes Beispiel zu benennen: Bei einem Bauverfahren kommt die „Häuslbauerin“ bzw. der „Häuslbauer“ in Wirklichkeit nicht mit einem banalen Akt, sondern mit einem Traum. Die Verwaltung sollte daher nicht den Akt abarbeiten, sondern sich in der Rolle sehen, die Bauherrin oder den Bauherrn bei der rechtskonformen Verwirklichung ihrer bzw. seiner Träume zu unterstützen.

 

Wenn man weiß, dass man an den Träumen der Menschen arbeitet, dann ist das die richtige Einstellung.

 

Die Verwaltung der Zukunft sollte zudem eine Verwaltung sein, die für die Bürgerin bzw. den Bürger so wenig spürbar wie möglich ist. Durch Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung könnten viele Anliegen im Hintergrund abgewickelt werden. Theoretisch hätten wir bereits heute so viele Daten zur Verfügung, dass nur mehr eine Einwilligung eingeholt werden müsste. Bis zur tatsächlichen Umsetzung einer solchen „unsichtbaren“ Verwaltung müssen jedoch noch viele rechtliche und soziale Fragestellungen geklärt werden.

In einem größeren Kontext ist des Weiteren die Zuweisung von Hoheitskompetenzen und politischer Verantwortung – ohne „Denkverbote“ – zu hinterfragen. So muss etwa die Diskussion erlaubt sein, ob eine Bundesgesetzgebung mit Ausführungsermächtigungen nicht besser und flexibler auf nationale Herausforderungen und regionale Bedürfnisse reagieren könnte als die derzeit eingezogene Landesebene. In diesem Fall müsste man sich auch die Frage stellen, wo dann die Kompetenz für Ausführungsermächtigungen anzusiedeln wäre. Die Gemeindeebene erscheint hierfür zu klein, da die Rechtsordnung heutzutage zu komplex und zu schnelllebig ist, was schnell zu einer Überforderung dieser Institutionen führen kann. Von der Größenordnung wäre wohl die Bezirksebene geeignet, diese müsste dann jedoch politisch geführt sein – also eine Art demokratische Bezirksverwaltung.

Zum Abschluss soll noch der Frage nachgegangen werden, was ein junger Mensch mitbringen muss, um in einer modernen Verwaltung arbeiten zu können. Grundsätzlich müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der öffentlichen Verwaltung eine gute Werthaltung mitbringen. Dazu gehört auch das tiefergehende Bewusstsein dafür, was ein Staat im positiven, aber auch im negativen Sinne „anrichten“ kann. Hierfür muss das Bewusstsein geschärft werden. Außerdem müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Lage sein, Inhalte und Informationen so zu vermitteln, dass diese von den Bürgerinnen und Bürgern auch verstanden werden. Sie müssen die Sprache der Menschen sprechen und kein Verwaltungsdeutsch. Gerade in einer vielfältigen Gesellschaft gewinnt dies an Bedeutung. Und zu guter Letzt benötigt es Menschen, die sich konstruktiv mit der Frage auseinandersetzen, was für die Bürgerinnen und Bürger einen tatsächlichen Mehrwert schafft und wie die dazugehörigen Prozesse aufgesetzt werden müssen, um diesen zu optimieren.

Dieser Beitrag basiert auf Interviews und Gesprächen mit Martin Haidvogl, die im Mai und August 2021 per Videokonferenz durchgeführt wurden. Der Inhalt dieses Gesprächs wurde zusammengefasst und anschließend gemeinsam mit dem Gesprächspartner redigiert. Die Inhalte geben ausschließlich die Meinung des Interviewpartners wieder.

Kontakt

Assoz. Prof. Mag. Dr.rer.soc.oec.

Robert Rybnicek

Institut für Unternehmensführung und Entrepreneurship

Telefon:+43 316 380 - 7355


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